Als ich bei meiner Suche nach einem Thema für Heute im Web durch diverse Seiten gelinkt (ein schöner Ausdruck :-) – fast wie channelsurfen beim Fernsehen) bin, stieß ich heute auf den Begriff Transition Town. Dabei dachte ich gleich an diverse Megastädte in Lateinamerika oder Stadtviertel in denen keine Menschen mehr wohnen, weil Büros und damit überbordende Preise überhand nehmen. Doch dann kam ich auf die Website von „Transition Towns„, eine als Wiki organisierte Website, die als Plattform für Gemeinden dient, die dem Klimawandel entgegensteuern wollen indem sie einen Energy Descent Action Plan entwickeln und umsetzen. Die Suche nach Inhalten zum Thema auf deutschen Websites durch die Übersetzung in „Übergangsstadt“ oder „Stadt im Übergang“ scheiterte. Im Deutschen denkt man dabei wohl eher an einen durch eine zeitliche Marke gesetzten Übergang (z.B. vom 20. ins 21. Jahrhundert), weniger an einen organisatorischen Übergang.Transition Towns suchen also nach Antworten auf die durch Peak Oil (Ölfördermaximum) und Klimawandel zu erwartenden Herausforderungen. Auf der Website werden Kriterien für die Teilnahme an dieser „Reise“ genannt, die neben diversen Verbindlichkeiten, wie Kooperation, Teilnahme an einem Netzwerk oder regelmäßige Präsentationen des Prozessen in der Wiki und dem Blog auf transitiontown.org auch schon die Organisationsstruktur als Kriterium vorgeben. Mindestens 4-5 Personen die eine führende Rolle übernehmen und gleichzeitig eine gute Verbindung zu lokalen Entscheidungsträgern pflegen sollen. Eine davon sollte auch einen Kurs als Permakulturdesigner absolviert haben. Außerdem wird die Ausrichtung auf eine möglichst kleine Einheit (z.B. Nachbarschaft) als erstes Ziel empfohlen, ohne jedoch aus den Augen zu verlieren, dass durch das Schneeballprinzip auch die Gemeinde oder gar die Region als Ziel beeinflusst werden sollen.
Um auch gleich eine erste Vorstellung von der kommenden Arbeit – die meist ehrenamtlich erledigt wird – zu bekommen, werden 12 Zutaten für die „Reise“ zur Transition Town aufgezeigt.Dabei bin ich auf ein paar ganz interessante Dinge gestoßen. In den Schritten 2 und 3 werden Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung mit bereits lokal aktiven Gruppen angesprochen (in dieser Reihenfolge). Meiner Meinung nach sollte man die Vernetzung an den Beginn stellen, damit man die Aktivitäten der Gruppen kennenlernt und sie von beginn an in den Prozess einbinden kann.
Besonders interessant ist auch das Prinzip der „Open Spaces„, sprich Versammlungen, bei denen ohne Programm, Zeitplan oder strenge Moderation bestimmte Themen behandelt werden. ich werde hier wieder an Lateinamerika erinnert, genauer an die Caracoles der Zapatisten in Mexiko. Durch die Einbindung von älteren Personen sollen alte Praktiken und Lebensformen in Erinnerung gerufen werden (und wieder bin ich in Lateinamerika).
Viel zu spät werden meiner Meinung nach lokale Entscheidungsträger direkt eingebunden. Warum stellt man nicht als Kriterium auch schon eine gewisse Absichtserklärung der Politik oder Wirtschaft an den Beginn des Prozesses? Eine weitere Frage, die ich mir beider „Brückenbildung“ zur lokalen Regierung stelle ist die der Einbindung in lokale Planungs- und Entwicklungskonzepte. Im Schritt 9 wird der Community Development Plan (bei uns wohl vergleichbar mit einem lokalen Entwicklungsplan) einfach in den Mistkübel („bin“) geworfen. Nicht gerade sehr motivierend für Gemeinden, die ihn in vielleicht monatelanger Arbeit mühsam erstellt haben. Wäre es da nicht zielführender den Energy Descent Action Plan in den Community Development Plan zu integrieren oder auch umgekehrt?
Beim Punkt 11 sind wir schon wieder in Lateinamerika … Let it go where it wants to go … klingt eigentlich ein wenig frustrierend, vor allem, wenn dann gleich auch noch gesagt wird, dass eine klare Idee am Anfang zwar sicher vorhanden sein wird, aber in weiterer Folge wohl der Weg woanders enden wird. Prinzipiell ist es schon vernünftig den Weg offen zu lassen für neue Entwicklungen, Ideen und Erkenntnisse. Es sollte aber dennoch ein recht klares Ziel vor Augen liegen, damit man sich nicht verirrt. Dieses könnte ja zum Beispiel einfach eine schrittweise Abnahme des Einsatzes nicht erneuerbarer Energien und eine gleichsam zunehmende Verwendung lokaler Rohstoffe (in allen Lebensbereichen) sein. Das ist messbar und man kann die jeweiligen Schritte danach ausrichten.
In „The Seven Buts‚“ (die 7 Aber) werden dann gleich auch noch ein paar Gründen für eine Entscheidung gegen die Teilnahme am Prozess zur transitional Town der Wind aus den Segeln genommen.
Zusammenfassend finde ich die Idee der Transition Towns sehr gelungen. dass auf der Website gleich auch noch beratung und Begleitung angeboten wird ist praktisch und sinnvoll. Genauso die Vernetzung und Präsentation der teilnehmenden Gemeinschaften. Eine Liste von Best Practice beispiele wäre für die Zukunft sicher noch sehr hilfreich.
Ich werde mich hier im lande gleich einmal auf die Suche nach vergleichbaren Initiativen machen. Ähnliche Prinzipien, aber noch einen Schritt weiterreichen hat bestimmt das Keimblatt Ökodorf.
So spontan kommt mir die Lokale Agenda Planet21 in den Sinn:
http://www.planet21.ch/handbuch/
Und die Urwaldfreundlich-Initiative, welche einen einzelnen Aspekt behandelt:
http://www.urwaldfreundlich.ch/
Vielen Dank Reto für die Links. Das Handbuch der Lokalen Agenda ist echt interessant und sehr praktisch.
Hier in Wien habe ich bereits für die Lokale Agenda 21 gearbeitet (www.agenda21.or.at) und finde die Prozesse sehr spannend. Da diese Prozesse in eine sehr niedere lokale Struktur (hier Bezirke) eingebunden sind, wäre das ein guter Beginn für einen Energy Descent Action Plan.
Hallo zusammen, unter http://energiewende.wordpress.com/ gibt es jetzt ein paar wichtige Dokumente der Transition-Town-Beweguing auf Deutsch. Gruß nach Österreich!
Apropo „Transition Towns“ : Da gibts in der englischen Stadt Todmorden eine ganz spannende Initiative zu lokalen Nahrungsmitteln. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen zu sein.
http://www.incredible-edible-todmorden.co.uk/
Auch auf Youtube gibt’s ein paar Beiträge drüber
Findet man unter: „Incredible edible!“
Hi, lieber Roland,
Deine interessante Seite weist einen fehlenden Link auf: 12 Schritte führen ins Leere. Gibt es diese Seite? Wenn ja, wo?
Danke für Antwort und weiterhin frohes Schaffen
globalist
Hallo Anette, danke für den Hinweis. Die Seite transitiontown.org hat sich inden 5 Jahren seitdem ich meinen Artikel geschrieben habe doch sehr verändert. die 12 Schritte wurden zu 12 Zutaten und er Link führt jetzt hierhin: http://www.transitionnetwork.org/support/12-ingredients
Ich hab ihn auch im Artikel geändert