Es passt zwar nicht zu den Kernthemen dieses Blogs, aber es fällt mir schwer dazu keinen Kommentar abzugeben … Asyl in Österreich. Seit Tagen werden in den Zeitungen Fälle präsentiert, von Menschen, die in ihre „Heimatländer“ abgeschoben, von Familien, die auseinander gerissen, von integrierten Mitgliedern der Gesellschaft, die in eine Gesellschaft zurück verfrachtet werden, die sie vor Jahren verlassen haben. Ein Teil des Landes jubelt, ein anderer Teil ist entsetzt und die große Mehrheit schweigt und akzeptiert damit, was hier passiert. Die Argumente für die Abschiebung sind vielfältig … straffällig geworden (Hans Rauscher kommentiert dazu im Standard: „Der Bursch fasste wegen einer Schlägerei in einem Festzelt eine kleine Strafe aus. Wenn es etwas gibt, was zur realen „österreichischen Hausordnung“ gehört, dann doch eine Bierzelt-Rauferei unter Burschen im ländlichen Raum!), nicht ausreichend Gründe für eine Flucht (Krieg und seine Folgen, politische Verfolgung)….
Doch wer sieht die Menschen dahinter?
Wie immer bei dieser Diskussion wird besonders ein Wort strapaziert: Integration. Doch jeder meint damit etwas anderes. Ich möchte hier einen kurzen Auszug aus der Enzyklopädie Wikipedia (Integration (Soziologie)) einbringen:
Es handelt sich dabei nicht nur um eine reine Assimilation (völlige Anpassung) an ein bereits bestehendes ‚Ganzes‘, sondern um die kombinatorische Schaffung eines neuen Ganzen unter Einbringung der Werte und Kultur der außen stehenden Gruppe in die neue Gesellschaft, bei Erhalt einer eigenen ‚Identität‚ (vgl. SPECK, 1991, S.294).
Neues Ganzes, Einbringung von Werten und Kultur, Erhalt der eigenen Identität. Dies alles steht im grassen Gegensatz zur Assimilation (wie Westenthaler, Strach und Co. es immer meinen) und zur Einhaltung der Hausordnung Österreich, wie es der gute Hr. Stockinger bezeichnet. Der ständige mediale und politische Kampf gegen diese Integration zeigt mir nur, dass die genannten Personen und ihr Clan sich ihrer eigenen Identität nicht bewusst sind, denn sonst müssten sie diese nicht ständig hochhalten und in Gefahr sehen. Eric Erikson bezeichnet die Ich-Identität als
Zuwachs an Persönlichkeitsreife, den das Individuum am Ende der Adoleszenz der Fülle seiner Kindheitserfahrungen entnommen haben muss, um für die Aufgaben des Erwachsenenlebens gerüstet zu sein.
Es ist also Zeit für die Herren (meist sind es solche) und Damen erwachsen zu werden und diese kindische Diskussion geprägt durch irrationale Ängste auf eine humanitäre Basis zu stellen, damit echte Integration endlich möglich ist.
Noch ein kleines Beispiel aus meiner persönlichen Umgebung dazu. Aus Rücksicht auf seine/ihre Person, die bei der derzeit gängigen Praxis des Abschubs ja auch immer in Gefahr ist, selbst Opfer der Praxis zu werden, bezeichne ich ihn/sie nur als „ein Freund“. Ein Freund, also, ist seit 7 Jahren in Österreich. Er kam als Flüchtling aus einem der schlimmsten Krisengebiete der Welt. Er wollte raus aus diesem Land, um anderswo in Frieden Leben zu können. Eine seiner ersten Stationen war Österreich, wo er einen Asylantrag stellte. Nach einem langen Verfahren, das er nur abwarten konnte, ohne sich zu beschäftigen, wurde ihm ein unbegrenzter Aufenthaltstitel gewährt. Dieser Titel ist an seine Unbescholtenheit geknüpft und kann daher beim kleinsten Delikt aufgehoben werden (Verkehr, Alkohol, Gerangel am Biertisch … oder was wir Österreicher noch so gerne machen). Seit kurzem hat er eine Arbeitsbewilligung, doch Arbeit zu einem fairen Lohn gibt es nicht für ihn. Er konnte schließlich in seinem Land seine universitäre Ausbildung nicht beenden. Hier in Österreich fehlt ihm das Geld dazu. Nach 10 Jahren wird ihm die Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt, geknüpft unter anderem an eine mehrjährige ununterbrochene Anstellung und einem Einkommen aus dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Er darf während der ganzen Zeit nicht ins Ausland, da er sonst seinen Aufenthaltstitel verlieren würde. Er kann hier auch nicht heiraten, da dies vom Gesetzeshüter als Scheinehe gesehen werden könnte, was wieder ein Grund für eine Abschiebung wäre. Er ist Asylant seit 7 Jahren und wenn man ihn fragt, was seine Ziele sind, dann hebt er nur die Schultern. Er hat keine Perspektive. Selbst wenn er nach 10 Jahren österreichischer Staatsbürger ist, wir ihm eine Integration nicht leichter gemacht. Bisher war sie unmöglich, denn dazu würde eine Arbeit und Familie gehören, außerdem müsste er unsere Kultur und Werte annehmen (so zumindest meint es das konservativ, traditionelle, blaue österreichische Auge). Eine Sackgasse, die durch die derzeitige Situation immer enger wird. Das Licht am Ende der Gasse ist schwach und wer weiß, ob es nicht „braun“ ist; Eine Annäherung kann auch Gefahr bedeuten.
Ich schäme und distanziere mich als Österreicher für diese Art des Umgangs mit Menschen. Wir haben bisher genug Hilfe und Solidarität erfahren und könnten sie jeden Moment wieder brauchen. Das Mindeste, was wir anderen Menschen in Not geben können, ist keine strenge Hausordnung sondern einen Hausbrauch, der in Not Geratene auffängt und sie in ein neues friedliches Leben begleitet.
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