An diesem Tag erwartet man sich wahrscheinlich eine weihnachtliche Botschaft oder vielleicht gar schon einen Jahresrückblick. Ich hoffe, ich enttäusche meine Leserinnen und Leser nun nicht, wenn ich das hier nicht tue. Das Fest wird auch so vonstatten gehen und in 2 Stunden sitze ich dann mit meinen Kindern vor dem Weihnachtsbaum, der für kurze Zeit unsere Terrasse verlässt um geschmückt zu und von leuchtenden Kinderaugen bestaunt zu werden, um nachher wieder in die kalte, gewohnte Umgebung zu wandern.
Während die Kinder nun schlafen gehen meine Gedanken aber woanders hin. Vor ein paar Tagen habe ich die Frage gestellt, ob denn eine Nachhaltige Entwicklung ohne Systemwandel stattfinden kann, um sie im gleichen Schritt auch gleich zu verneinen. Doch wie kann ein Systemwandel denn aussehen? Nicht dass ich darauf eine bahnbrechende Antwort hätte. Ich möchte einfach nur versuchen in einer losen Serie einige meiner Gedanken dazu zu präsentieren. Heute werden es 2 sein, die mir in den letzten Tagen durch den Kopf gingen:
(1) Negativ-Kennzeichnung
Warum muss ein Produkt denn als „biologisch“ gekennzeichnet werden? Warum muss „Fair Trade“ eigens ausgewiesen werden? In einer Zukunftsfähigen Wirtschafts-Gesellschaft sollten diese Produkte der Normalfall sein. „Normale“ Produkte müssen demnach nicht gekennzeichnet werden. Stattdessen müssen alle Stoffe und Aktivitäten, die vom Ursprung bis zur Entsorgung in ein Produkt einfließen deklariert werden. Das würde bedeuten, dass der Rohstoffverbrauch ausgwiesen wird (inkl. Dünger, Transport, Bleichmittel, Farbstoffe, Energie, …), der Produktionsort und die Bezahlung der Menschen dort, der gesamte Handelsweg und auch der Aufwand, der für die umweltgerechte Entsorgung aufgewendet werden muss.
Der Vorteil dieser Kennzeichnung liegt klar auf der Hand: Wer würde ein Produkt kaufen, auf dem steht, dass für die Produktion 10 Kg Phosphate für die Düngung, 300 L Trinkwasser für die Reinigung, Verpackung, 1000e Km an Transport und einiges an Müll verbraucht werden? Zusätzlich würde erwähnt, dass Menschen, die auf den Produktionsstätten wie Sklaven wohnen, die Produkte für 0,05 Cent hergestellt, dafür 3 Stunden gearbeitet haben und nur belohnt werden, wenn sie mindestes 6 Stück pro tag erzeugen können. Auf der anderen Seite der Skala steht ein Unternehmen, das seinen Top-Managern pro Jahr 5 Mio Euro zahlt und ihren Aktionären eine Gewinnsteigerung von 10% pro Jahr garantiert. Sollte sie mehr wollen, dann würde gerne am Anfang der Produktionskette noch ein wenig gespart werden.
(2) Menschengerechte Städte
In Wien gibt es eine Bauordnung, die vorschreibt, dass bei Neubauten oder Neuschaffung von Wohnraum, eine gewisse Anzahl an Parkplätzen für PKWs geschaffen werden muss. Dies ist bspw. in unserem Haus so gelöst worden: Es wurden 4 Wohnungen neu geschaffen, dazu wurden 4 Gragenplätze im Pater-Noster-Lift-System geschaffen. Was das Kostet möchte ich gar nicht wissen.
Meine Vorstellung ist eine andere: In einer menschengerechten Stadt gibt es Garagen und Einstiegsstellen für den hochrangigen Öffentlichen Verkehr, die in ungefähr gleicher Entfernung von den Wohnräumen errichtet werden (max. 500m). Die Plätze vor den Häusern dienen nur der Zulieferung von Gütern und Menschen. Freigewordene Flächen werden den Menschen zur Verfügung gestellt, die dort bspw. in kleinen Gärten ihre Gemüse anbauen oder einfach eine Bank und einen Tisch für die Hausgemeinscahft aufstellen können. Im Haus freigewordene Flächen werden für Fahrräder, Kinderwägen, Rollstühle und sonstige sperrige Geräte zur Verfügung gestellt, die man nicht in die Wohnung nehmen will. Einige dieser Flächen sind individuell versperrbar (ähnlich Kellerabteilen oder eiben den jetzigen Garagen). Diese können gemietet werden und stellen eine Erweiterung der Wohnfläche dar.
Wer diese Idee allzu fantastisch hält, der kann hier ein wenig in seinen Träumen schwelgen.
Naja, ist ja doch fast weihnachtlich geworden :-)
Dann wünsch ich euch doch noch schöne Feiertage und viel Energie für die kommende Zeit.
Na das ist doch mal ein Weihnachtsbeitrag der lesenswert ist und nicht heuchlerisch die Nächstenliebe hochhält, während man gleichzeitig mit seinem Weihnachtskonsum Menschen noch weiter in die Armut treibt als sie eh schon sind.
Für die Negativkennzeichnung wäre ich auch, das würde manche Menschen doch zum Denken bringen. OK, vielleicht nicht diejenigen die ihren X5 auf dem Parkplatz des benachbarten BASIC-Biomarktes abgestellt haben um noch schnell ein paar ökokorrekte Leckereien einzukaufen … :) Die würden sich auch nicht für menschengerechte Städte begeistern, denn das Auto muss ja vor dem Haus stehen um zu wirken.
Mit weihnachtlichen Grüßen
Gerhard
Ich stimme voll zu. Bio ist nichts besonderes, sondern eigentlich das normalste auf der Welt. Das wir pestizidverseuchtes, künstliches Essen als „konventionell“ bezeichnen, macht es immer noch nicht normal. Dazu passt vielleicht ein Zitat aus einem – äähhh – mir sehr vertrauten Buch: 8-)
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Das alleine sollte schon Grund genug sein, über Bio-Qualität genauer nachzudenken. Es ist ja nicht so, dass konventionelles Essen normal ist und Bio sozusagen die „Extraportion gesund“. Normal ist ursprünglich natürliche Nahrung. Natürlich sind aber heute nur noch Bio-Lebensmittel, weil es sich im konventionellen Anbau vielfach um vergiftete Nahrung handelt, die also ungesünder als biologisch angebaute ist.
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Quelle: http://www.leben-ohne-diaet.de/text/buch/echte-nahrung/bio-eine-loesung.html
Den Gedanken mit der verkehrten Kennzeichnung finde ich spannend. Erinnert mich ein wenig an die neuen, umgedrehten Drehkreuze in den Skigebieten, die nun immer offen sind und nur dann zugehen, wenn jemand OHNE magnetkarte durchfahren will…
von der umsetzung her kann ich mir das noch nicht vorstellen. interessant wäre eine steuerliche begünstigung für bio/fairtrade produkte. das wäre gestaltende politik. aber die scheint wenig fantasie zu haben.
lg hannes