Europäischer Frühling nach arabischen Vorbild

von | Mai 23, 2011 | Systemwandel | 2 Kommentare

#spanishrevolution

Am 15. Mai 2011 fand in Spanien der erste „Tag des Zorns“ unter dem Motto „Toma La Calle“ nach arabischem Vorbild statt. Tausende Menschen versammelten sich zum friedlichen Protest auf der Puerta Del Sol. Seitdem ist der Protest in Spanien nicht mehr aufzuhalten und schwappt zunehmend auf andere europäische Staaten über. Die Message der Menschen ist sehr deutlich: die Lösungen, die die Politik insbesondere nach der Wirtschaftskrise – aber natürlich auch mit all dem, was zur Wirtschaftskrise geführt hat – anbietet sind unzureichend.

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Wir werden in unseren Alltagsproblemen erstickt, sodass wir nicht mehr vernünftig auf die Änderungen, die uns alle in naher Zukunft treffen werden, reagieren können. Nach den ersten Protesten in Spanien haben die alten Medien geschwiegen. Doch die neuen Medien wie Twitter oder Facebook bzw. diverse Blogs gehen, wie schon im arabischen Raum voran.

Die Presse berichtet als eine der ersten großen österreichischen Zeitungen nun schon seit einige Tagen aktiv über die #spanishrevolution und den neuen Europäischen Frühling. Für mich beschreibt der Protest jedoch nicht, wie ebenfalls  berichtet wird, eine Schizophrene Haltung zur Politik, sondern vielmehr eine starke Repolitisierung der Gesellschaft. Insbesondere jungen Menschen wird ja schon seit Jahren eine zunehmende Politikverdrossenheit attestiert. Die Verdrossenheit richtet sich dabei aber nicht gegen die Politik, sondern vielmehr gegen das politische Establishment der Altparteien (und dazu gehören für mich spätestens seit den gescheiterten Grünen Vorwahlen auch die Grünen Österreichs). Statt in der Politik organisieren sich die Menschen auf vielfältigste Weise, sei es nun in Form von Alternativforen und Transition Town Initiativen oder in Form einer Lichterkette vor dem Wiener Parlament und arbeiten damit an hochpolitischen Themen. Einzig eine Vertretung im Parlament, die diese Arbeit auch in Gesetze und Rahmenbedingungen gießt, fehlt. Wenn man sich in der parlamentarischen Demokratie in Österreich engagieren will, dann geht das nur indem man einer der 5 Parteien im  Parlament beitritt. Volksabstimmungen und Volksbegehren oder dgl. verkommen zu politisch motiviertem Aktionismus xenophober Politiker oder werden vom politischen Establishment einfach ignoriert, wie am Beispiel des Gentechnik-Volksbegehrens in Österreich deutlich zu sehen ist („hat außerparlamentarisch viel bewirkt“, Peter Weish). Als Folge wird auch diese Art der Mitbestimmung von immer weniger Menschen genutzt (siehe Euratom Volksbegehren). Die Zeichen stehen damit für zukünftige Initiativen wie das Bildungsvolksbegehren ebenfalls schlecht.

Was bleibt ist die Straße. Aber auch da zählt bisher der einfache Protest nur wenig. Die FahrradfahrerInnen nehmen  die Straße nun schon seit Jahren einmal pro Monat in Anspruch und demonstrieren damit gegen die (flächenmäßige) Übermacht der AutofahrerInnen. Im Jahr 2000 haben die Donnerstagsdemos Wien für einige Zeit bewegt und knapp 10 Jahre später waren es die StudentInnen, die unter dem Motto #unibrennt Hörsäle besetzten und die Straße einnahmen. Doch auch dieser Protest ist politisch verhallt.

Die Menschen, die hinter all diesen Protesten stehen gibt es aber noch immer und ihre Einstellung hat sich vermutlich nicht grundlegend verändert. Wenn jemand das Gefühl hat nicht gehört oder ignoriert zu werden, dann kann er sich entweder nach innen kehren oder laut nach außen schreien. Zweiteres passiert nun meiner Meinung nach. Und das ist auch ganz wichtig, denn wenn die Menschen kein Ventil dafür haben ihren Frust friedlich (das ist ganz wichtig bei der neuen Bewegung!!!) nach außen zu tragen, dann verhärtet sich dieses Gefühl und stärkt den Wunsch nach einem heilbringenden Messias. Nicht selten wird dieser dann in Personen gefunden, die bei mir persönlich das Gefühl von Angst auslösen, wie rau in seinem Einserkastl schreibt.

Wir müssen also neue Wege finden um den Frust auszuleben, auf friedliche und lustvolle Art und Weise, nicht hinter dem Schreibtisch (i.e. Computer), sondern sichtbar und laut. Ich wünsche mir für mich, meine Vorfahren, die noch leben und die Nachkommen einen neuen politischen Wind. Vorher muss ein mäßiger Orkan aber das System, wie es derzeit gelebt wird, ausputzen und Platz machen für das Neue, das überall bereits keimt.

Machen wir Platz für den europäischen Frühling. Folgen wir dem Beispiel vieler arabischer Länder. Es gibt hier zwar keine Diktatoren zu vertreiben. Doch spielen auch hier bereits viele alteingesessene Menschen ein Spiel, das nicht mehr den demokratischen Grundsätzen (gr. ??????????, von ????? [d?mos], „Volk“, und ?????? [kratía], „Herrschaft“) entspricht.

Weitere Infos und Aktionen:

2 Kommentare

  1. Søren

    Der Mittlere Osten hat Diktatoren, wir hingegen haben ein selbst auferlegtes Wirtschaftssystem, dass wir damals noch so gegen den Kommunismus verteidigt haben. Hach war das schön damals – man glaubte ja auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, wo Freiheit und Wohlstand gedeihen. Stattdessen haben wir uns versklaven lassen und laufen wie der Esel der unerreichbaren Möhre hinterher. Es wird Zeit für einen Wandel.

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    • roland

      Warum ist unser Wirtschaftssystem selbst auferlegt? hast du dir unser Wirtschaftssystem selbst auferlegt?
      Also ich hab es nicht.
      Außerdem gibt es da auch noch eine starke Verknüpfung zum politischen System, das sich zwar demokratisch nennt. Diese Demokratie spwigelt sich aber nur mehr in Wahlen wieder. Diese werden von wenigen Parteien (finanziert durch unsere Steuergelder) mit einer Medienschlacht und allen Tricks der werbung eingeläutet, sodass wir danach ganz taub sind und flüchten oder wie die Schafe in die Wahlurne gehen um dem das Kreuz zu geben, der am lautestesn geschrieben hat.
      Hast du dir das selbst auferlegt? Also ich habs mir nicht auferlegt und es ist mir auch nicht recht so!!
      Es gibt auch andere formen partizipativer Demokratie!

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