Wenn man ein Buch zur Rezension zugeschickt bekommt, dann erwartet der Verlag meist auch, dass man unverzüglich darüber schreibt. Die meisten Rezensenten machen das vermutlich auch. Ihre Sprache ist geübt darin und blumige Worte sprießen nur so aus ihren Fingern (mit Federn schreiben die meisten ja wohl nicht mehr). Bei mir werden manche Pressesprecher*innen schon mal etwas ungeduldig. So manche Rezension dauert, bis sie geboren ist. Bücher sind für mich wie köstliche Schokolade. Ich will sie nicht verschlingen, sondern mir auf der Zunge zergehen lassen.
Manchmal ist der erste Blick in ein Buch wie der Biss in eine Schokolade mit ungewohnt neuem Geschmack. Man legt es nach ein paar Seiten zur Seite und hat zuerst keine Lust auf ein weiteres Stück. So ist es mir bei Michael Pollans Buch „Meine zweite Natur“ ergangen. Der Untertitel “ Vom Glück, ein Gärtner zu sein“ hat gewisse Erwartungen geweckt. Doch die ersten Seiten waren gefüllt mit Berichten über aus der Reihe tanzende, ungemähte Vorgärten amerikanischer Vorstädte und Grabenkämpfe mit Menschen, die „Unordnung“ im Garten partout nicht ausstehen können. Ich war auch nicht ganz auf den in Prosa gehaltenen Stil vorbereitet.
Doch schon bald kam Pollan auf seinen eigenen Garten zu sprechen und plötzlich war mein Interesse geweckt. Geschickt mischt Pollan amerikanische Kultur- und Naturgeschichte mit seinen eigenen hartnäckigen Versuchen gegen traditionelle Konventionen anzukämpfen, um dann doch auch so mancher Tradition wieder eine faire Chance zu geben. Von alten Rosensorten über Kompost bis hin zu Unkraut berichtet er über einen Garten, der gleichsam vor den Augen des Lesers und der Leserin wächst und gedeiht. Als ökologisch vorbelasteter Gärtner leidet man mit, wenn so manches Kraut am Ende doch (zu Recht) das Präfix „Un“ vorangestellt bekommt, wenn man erkennen muss, dass es sich dabei vielfach um Neophyten handelt, die sich in der neuen Umgebung hemmungslos ausbreiten.
Pollans Recherchen für „Meine zweite Natur“ reichen weit zurück und geben dem Leser in der alten Welt einen wunderbaren Einblick in Amerikas Gartengeschichte. Beim abschließenden literarischen Rundgang durch das selbst gestaltete Stück Land wird die Lust, gleich in den eigenen Garten zu gehen bzw look at this web-site. sich einen zuzulegen, groß. Man hat schließlich auf etwas ungewohnte Weise so viele Anregungen bekommen, wie sie ein Gartengestaltungklassiker nicht besser geben hätte können.
Michael Pollan
Meine zweite Natur. Vom Glück, ein Gärtner zu sein
Oekom Verlag München, 2014
ISBN 978-3-86581-457-9
www.oekom.de
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